Monika Mann
7. Juni 1910 - 17. März 1992
Thomas Mann hatte nicht immer die beste Meinung von seinen Kindern - es gab Lieblinge und Sprösslinge, denen wenig Aufmerksamkeit galt. Vom "Mönle" hatte er sich schnell ein Bild gemacht, das er zeitlebens nicht revidieren sollte: Sie sei faul und habe kein rechtes Talent. Monika Mann besuchte zunächst eine Höhere Töchterschule in München und folgte dann ihrem Bruder Golo ins Internat Schloss Salem am Bodensee.
Nachdem sie mit den Eltern 1933 in die Emigration gegangen war, trennte sie sich im Januar 1937 von ihrer Familie, zog nach Wien und heiratete 1939 den ungarischen Kunsthistoriker Jenö Lányi, mit dem sie darauf nach London ging. Mit der ‚City of Benares' wollte das Paar im September 1940 nach Kanada auswandern und ein neues Leben beginnen. Dieser Versuch endete jäh, als das Schiff durch ein deutsches U-Boot attackiert wurde und Lányi beim Untergang starb. Monika Mann wurde wie durch ein Wunder gerettet. Zwischen ihrem Elternhaus und zeitweiligen Wohnsitzen in New York und Chicago wechselnd, kam sie über den Tod ihres Mannes nicht hinweg und konnte in den USA nicht Fuß fassen.
Im Gegensatz zu ihren Geschwistern hatte sie noch keine eigenständige Rolle in ihrem Leben gefunden, erst recht keine schriftstellerische. Erfolge waren ihr nicht beschieden, Monika galt als ein Problemkind. Im Jahr 1948 ging sie in ein anthroposophisches Heim. Als sie sich 1953 auf Capri niederließ, um mit dem Fischer Antonio Spadaro einen Neuanfang zu beginnen, wirkte das auf Familie und Öffentlichkeit wie ein Abschied von der Welt. Mit Vergangenes und Gegenwärtiges - Erinnerungen legte sie 1956 ihr bekanntestes Buch vor. Fast dreißig Jahre lebte Monika Mann auf Capri, von vereinzelten Interviews abgesehen jenseits aller Öffentlichkeit. Als ihr Partner starb, wollte sie nicht länger einsam auf der Insel bleiben und zog 1985 ins ehemalige Kilchberger Elternhaus zu ihrem Bruder Golo zurück. Ihre Mutter Katia Mann, zu der sie ein gespanntes Verhältnis hatte, war bereits gestorben. Als Monika Mann erkrankte, nahm die Adoptivfamilie Golo Manns sie in Leverkusen in Pflege. Dort ist die Frau mit der wispernden und hastigen Stimme 1992 gestorben - sie war das leiseste Kind Thomas Manns.
Michael Mann (genannt Bibi)
21. April 1919 - 1. Januar 1977
Über das jüngste Kind von Thomas und Katia Mann wissen die meisten lediglich vage, dass Michael Mann sich das Leben aus Verzweiflung über die herzlosen Schilderungen des Vaters genommen habe. Eine Lesart der Dinge, die zunehmend bezweifelt wird. Michael verbuchte gleich in zwei Karrieren Erfolge: als Musiker und als Literaturprofessor.
Als 14-Jähriger begleitete er die Eltern ins Zürcher Exil, wo er das Freie Gymnasium besuchte. Viel wichtiger war ihm die Musik, die er am Konservatorium und der Musikakademie studierte. Michael Mann wurde in jungen Jahren ein Virtuose auf Violine und Bratsche. Seine erste große Liebe, ein Mädchen aus der Nachbarschaft namens Gret Moser, nahm er kaum 20-jährig zur Frau. Sie begleitete ihn, der den Eltern in die USA gefolgt war, und schenkte ihm in den Jahren 1940 und 1942 zwei Kinder: Frido und Anthony Mann. Thomas Mann war über diesen Kindersegen überglücklich und verewigte Frido in der Figur des kleinen Echo im Doktor Faustus. Während er den Enkel vergötterte, pflegte er weiterhin den Sohn zu schneiden. In jungen Jahren hatte Michael eine "ganz normale" Kleinfamilie - er war unter seinen Geschwistern lange Zeit der einzige. Die Frage einer Rückkehr nach Deutschland oder in die Schweiz stellte sich für Michael und Gret nicht, auch als sein Musikenthusiasmus nachließ - die Erfolge taten es auch.
1958 stellte Michael Mann sein Leben auf neue Beine: Er verließ Pittsburgh und studierte an der Harvard-University Germanistik. Binnen drei Jahren wurde er promoviert und erhielt aufgrund seiner Studien zu Heinrich Heines Musikkritiken einen Ruf als Professor nach Kalifornien. In seiner Eigenschaft als Sohn Thomas Manns und als Germanist stellte er sich der Herausforderung, die Tagebücher des Vaters zu edieren, die 1975 dem Testament gemäß freigegeben wurden. Die Lektüre an diesen Aufzeichnungen mag keine leichte gewesen sein, die Gründe des Freitods von Michael Mann am Neujahrsmorgen des Jahres 1977 liegt im Dunkeln. Im Jahr 1983 erschienen posthum Fragmente eines Lebens, seine Autobiographie. Nicht nur der Tod Michael Manns gibt viele Rätsel auf, er ist bislang eines der wenigen Mitglieder der Familie, dessen Leben bislang kein Biograph nachgezeichnet hat.